Seit 2011 veranstaltet das Ballett Dortmund Sommerkurse unter dem Namen Internationale Sommerakademie des Ballett Dortmund. Knapp ein Jahr nach der Eröffnung des Ballettzentrums Westfalen und der Übergabe an das Ballett, beschlossen der damalige Ballettdirektor Xin Peng Wang und seine rechte Hand, Ballettmanager Tobias Ehinger, die neue Räumlichkeiten im Westfalenpark für ein breiteres Tanzpublikum zu öffnen. Open Class und die Sommerakademie wurden gegründet. Das Programm der Sommerakademie bestand darin, Tanzstudierenden, aber auch Laien-Tänzer*innen zu zeigen, wie ein Alltag im Theater aber vor allem in eine Tanzcompany aussieht. Neben klassischem Ballett wurden zeitgenössische Tanzstille, klassisches Repertoire unterrichtet. Choreografische Workshops wurden zunächst mitunter vom Chefchoreografen Xin Peng Wang geleitet. Da Tanz auch eine unterhaltsame Kunstform seien soll, vor allem in den Ferien, wurden für akademisch ausgebildete Tänzer*innen auch Randbereiche des Tanzes wie Stepptanz, Jazz, Musicaltanz und Hip-Hop unterrichtet. Im Vergleich zu anderen Sommerschulen werden in Dortmund ungewöhnlicherweise auch praxisorientierte Theorien wie deutsches Arbeitsrecht und Workshops für Tanzakademiestudent*innen unterrichtet, die auf einen erfolgreichen Start in die Karriere als professioneller Tänzer*innen ausgerichtet sind.
Von Anfang an machte die Internationale Sommerakademie ihrem Namen alle Ehre. Neben allen europäischen Ländern, darunter auch solchen, in denen akademisches Ballett eher ungewöhnlich ist, wie beispielsweise Albanien, kommen Tanzstudierende aus Australien, Japan, China, Korea, Kanada und den USA regelmäßig nach Dortmund.
Jedes Jahr bietet die Sommerakademie eine ganze Reihe außergewöhnlicher Persönlichkeiten als Dozenten für die Kurse an. Darunter befinden sich sowohl angesehene Hochschullehrer als auch erfahrene Solist*innen bedeutender Theater. Hier nur einige Namen: Leon Kjellsson, Heather Jurgensen, Dmitry Semionov, Mina Skenderija, Colin Sinclair, Macha Daudel, Pedram Zamani, Ludmila Nikitenko, Siner Gönenc Boquin, Nataša Novotná und viele andere.
Im Jahr 2015 kam es zur Zusammenarbeit zwischen dem Ballett Dortmund und dem Deutschen Berufsverband für Tanzpädagogik (DBfT e.V.). Es entstand die Sommerakademie Junior, und diese Zusammenarbeit besteht bis heute. Von Anfang an und bis heute ist Prof. Ingo Meichsner, die treibende Kraft und Dozent und an der Organisation beteiligen sich ehrenamtlich viele Mitglieder des DBfT e.V. unter der Leitung von Gabriela Swoboda.
Im Jahr 2019, ein Jahr vor Ausbruch der Covid-Pandemie, wurde die zehnte Jubiläums-Sommerakademie für das Jahr 2020 vorbereitet. Wie es ausgegangen ist, wissen wir alle. Seitdem ist es nicht gelungen, die Sommerakademie in ihrer früheren Form wieder aufzunehmen. Erst im Jahr 2025 wurde die Sommerakademie wie in den Vorjahren in ihrem gesamten Umfang wieder aufgenommen, unter neuer Intendanz von Dr. Jaš Otrin. Die Teilnehmenden haben die Möglichkeit bekommen, noch vor den Tänzer*innen des Ballett Dortmund die Choreografie Carmina Burana von Edward Clug einzustudieren. Die Leitung der Kurse übernahm Tijuana Križman Hudernik. Das Ziel des Balletts Dortmund ist es, zukünftige Student*innen von Tanzakademien aus aller Welt aktiv in sein Repertoire einzubeziehen.
Die Abschlussvorstellung ist immer Teil der Sommerakademie. Dort werden Ausschnitte aus allen Kursen, Teile der Choreografien und klassische Pas de deux gezeigt, die die Student*innen während der vierzehn Tage einstudieren. In den meisten Fällen fand diese direkt im Ballettzentrum statt, das jedoch aufgrund des großen Interesses jedes Jahr zu klein ist. Im Jahr 2019 mietete das Ballett Dortmund für diesen Anlass das Orchesterzentrum in Dortmund, wo ca. 600 Zuschauer das Finale der Sommerakademie verfolgten. In den letzten Jahren wurde die Abschlussshow per Livestream übertragen. Das Finale der letzten Akademie verfolgten neben den 80 Zuschauern im Saal auch rund 1600 Zuschauer per Live-Übertragung aus fast allen Kontinenten.
Die Sommerakademie kommt auch nicht ohne Helfer aus, die zwar nicht direkt an den Kursen teilnehmen, aber bei der praktischen Organisation des Tagesablaufs helfen, einschließlich Mittagessen, ausreichender Getränkeversorgung und praktischer Hilfe für alle Jugendlichen, die von weit her angereist sind und Unterstützung benötigen. Nicht zu vergessen ist eine Person, die immer freundlich und hilfsbereit ist: die Feel-Well Managerin Elke Garbe.
Zum Abschluss noch zwei Fragen an unseren Intendanten, Dr. Jaš Otrin, und den Leiter der Sommerakademie, Rudolf Kubičko:
Herr Otrin, was für eine Bedeutung hat die Sommerakademie für Sie?
Die Sommer-Intensiv-Kurse sind weltweit ein beliebtes Instrument, um neue Ballettmeister*innen und neue choreografischen Sprachen kennenzulernen. Das gilt sowohl für Schüler*innen, Student*innen wie auch für professionelle Tänzer*innen. Daher war es für mich selbstverständlich, die Sommerakademie des Ballett Dortmund wiederzubeleben. Dieser zusätzliche „Weiterbildungskurs“ außerhalb des regulären Spielzeit ist auch ein fantastisches Tool, um sein Netzwerk auszuweiten und nicht zuletzt eine Plattform, in der man bereits Akquise für das NRW Juniorballett betreiben kann. Wir wären aber nicht das Ballett Dortmund, wenn wir es nicht auch etwas anders machen würden, als andere Häuser. Unsere Sommerakademien werden neben den bereits bekannten praxisorientierten Themen, nämlich immer auch ein Intensivseminar bezüglich des Bewegungsvokabulars unserer zwei Artists in Residence sein. So lag in der diesjährigen Sommerakademie die Betonung auf Edward Clug und in der nächsten wird es Annabelle Lopez Ochoa sein.
In diesem Sinne freuen Sie sich mit mir bereits auf die nächste Ausgabe der Sommerakademie des Ballett Dortmund.
Rudolf, die Sommerakademie ist wieder zurück. Was hat Dich letzten Sommer am meisten daran gefreut?
Vor allem, dass wir in den pausierenden Jahren nichts an Interessen der Tanzenden verloren haben. Wir waren an der Grenze unserer Kapazität. Was mich wirklich gefreut hat, war der Besuch zwei talentierter Tanzstudentinnen aus Tel Aviv. Wir haben mit dem Ballett Dortmund im Jahr 2022 in Israel gastiert. In Tel Aviv, Jerusalem und Haifa. Zwischen den Vorstellungen haben wir in verschiedenen Schulen vor Ort Tanzworkshops gegeben. Unsere Tänzer*innen haben Teile der Choreografien von Alexander Ekman unterrichtet. Eine ganze Gruppe der Teilnehmenden Student*innen haben sich drei Jahre später für die Sommerakademie angemeldet. Am Ende konnten nur zwei kommen; die Reise-, Unterkunftskosten und die Kursgebühren stellen leider für viele eine unüberwindbare finanzielle Hürde dar. Trotzdem habe ich mich sehr über diese Verbindung zwischen uns und Israel gefreut, denn im israelischen Schulwesen spielt der Tanz eine wichtige Rolle und der israelische moderne Tanz ist auf sehr hohem Niveau. Oft kann man nicht erkennen, ob es sich um professionelle Tänzer*innen oder um Hobbytänzer*innen handelt. Das wünsche ich mir auch schon lange für Deutschland.
Text: Rudolf Kubičko, Selina Popanda
